Klare Abgrenzung

Der Synergetik Therapeut darf auf keinen Fall mit seiner Tätigkeit in die Nähe eines Heilers kommen, denn er hat keinerlei Heilungskompetenz. Mit dem Status einer HP-Lizenz kann der Hilfesuchende die Fähigkeit eines Synergetik Therapeuten nicht mehr klar einordnen. Um diese Abgrenzung sehr deutlich zu machen, sprechen Synergetik Therapeuten niemals von Patienten, sondern nehmen den Begriff Klient, auch wird im Zusammenhang von Heilung immer von Selbstheilung gesprochen. Die Betonung liegt dabei immer sehr streng auf der eigenen Leistung in Selbstverantwortung und der Zusammenarbeit mit Ärzten und/oder Heilpraktikern, soweit es um medizinische Fragen geht. Auch wird nicht mit Krankheitsbilder oder Symptomen gearbeitet. Dies ist dem Arzt oder Heilpraktiker zu überlassen. Beide sind automon.


Die anschließenden Auszüge eines Vortrags auf einem Heilpraktikertag sollen dies verdeutlichen.


Der Patient zwischen Arzt und Heilpraktiker

Der Heilpraktiker darf nicht nur, er muß Diagnostik und Therapie seiner anbehandelten Patienten stets in Zweifel ziehen, denn wäre alles eitel Sonnenschein, dann wäre der Patient nicht bei ihm, sondern dem Hausarzt treu geblieben. Und - wenn nötig - muß er auch korrigierend eingreifen.

„Wir beziehen die Legitimation zur Anwendung von Außenseitermethoden nicht daraus, daß uns die Schulmedizin mit ihrem riesigen Fundus an immer speziellerem Wissen zu kompliziert ist, sondern weil wir sie kennen, gut kennen, weil wir auch ihre Grenzen kennen, und weil wir über diese Grenzen hinaus etwas tun wollen, mehr tun wollen. Wir wenden unsere Methoden nicht statt der Schulmedizin an, sondern sie ergänzend, wo nötig aber auch korrigierend“ – sagte Hans-Heinrich Jörgensen in einem Vortrag auf dem Deutschen Heilpraktikertag Karlsruhe 1997

Das allerdings setzt ein profundes Wissen um Pharmakokinetik und -dynamik schulmedizinischer Medizin voraus. Der Heilpraktiker therapiert täglich mit verschreibungspflichtigen Medikamenten. Nicht, daß er sie verordnet, aber er entscheidet über absetzen oder weiternehmen. Und wenn er an der Vormedikation drehen will, muß er wissen, was ist ein Betablocker, was tut ein ACE-Hemmer, wie wirkt ein Calcium-Antagonist ?

Zur Anamnese und Befunderhebung gehört auch die Vordiagnostik. Auch hier muß der Heilpraktiker imstande sein, die Laborbefunde zu lesen und richtig zu deuten.
Die Vormedikation umfaßt insbesondere bei älteren Patienten, ein buntes Sammelsurium von oft mehr als einem Dutzend verordneter und freihändig hinzugekaufter Medikamente. Darunter sind mit Sicherheit einige, die sich gegenseitig addieren oder gar potenzieren, einige, die sich in der Wirkung gegenseitig aufheben, und mit ebenso großer Sicherheit ein oder zwei Kunstfehler. Es gilt zu sortieren:

1. Welche Medikamente sind von vitaler Bedeutung ? Sie müssen auf jeden Fall weiter eingenommen werden.
2. Welche Medikamente haben weder sonderlich Nutzen noch stiften sie Schaden ? Sie können uns schnurzpiepegal sein.
3. Welche Medikamente sind gar die Ursache der Beschwerden ? Sie müssen abgesetzt oder in der Dosierung verändert werden.
Etwa 30 - 40% der zur Behandlung kommenden Krankheiten - auch beim Arzt - sind iatrogene Krankheiten, vom Arzt erzeugte Krankheiten, und nicht vom Himmel gefallenes Schicksal. Je länger ich Heilpraktiker bin, desto mehr Zeit verwende ich darauf, meinen Patienten erst einmal ihre alten Medikamente auszureden, nicht so sehr, ihnen neue einzureden.
Ich hab's einmal als Scherz gesagt: Heilpraktiker bräuchten gar keine Ausbildung, sie hätten schon riesige Erfolge, wenn sie ihren Patienten nur alle Medikamente wegnehmen würden. Ich hoffe, Sie verstehen das auch als Scherz und nicht als Freibrief, aber auch den traurigen Hintergrund dieses Scherzes.

Wenn Patienten zum Heilpraktiker wechseln, dann tun sie das meist zusätzlich. Nur wenige Patienten haben ihren Heilpraktiker, wie andere den Hausarzt. Das ergibt sich schon aus unserem Versicherungssystem. In dem Moment aber wird der Heilpraktiker zum "Herrn des Verfahrens", ein Terminus aus der Juristerei. Die Verantwortung für die Gesamttherapie geht auf den Heilpraktiker über, denn er hat in der Regel einen beträchtlichen Wissensvorsprung. Er weiß um das ärztliche Tun im Vorfeld, ihm erzählt der Patient alles, was bislang geschah. Der Arzt hingegen weiß vom "Fremdgehen" seines Patienten nichts, ihm verschweigt der Patient den "Seitensprung", braucht er doch das Wohlwollen seines Arztes, wenn er morgen von der Trittleiter fällt. Außerdem ist der wundersame ehrfurchtsvolle Respekt vor dem weißen Kittel nicht auszurotten.
Leider baut sich dadurch zwischen Ärzten und Heilpraktikern ein gegenseitiges Feindbild auf. Der Heilpraktiker sieht naturgemäß nur die Mißerfolge der Ärzte, die ja keineswegs nur immer falsche Diagnosen oder Kunstfehler waren. Manches, was den Patienten unbefriedigt läßt, ist einfach auch unheilbar. Viele ärztliche Erfolge sieht der Heilpraktiker nicht. Und ebenso sieht der Arzt nur die Pannen und Pleiten des Heilpraktikers. Wenn's schief ging, dann kehrt der Patient reumütig zu seinem Arzt zurück und beichtet.
Ich will nicht Gräben aufreißen zwischen Arzt und Heilpraktiker, es bestehen gerade genug. Ich möchte aber eines unmißverständlich deutlich machen: Die "Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde ohne ärztliche Bestallung" gibt die Berechtigung, Heilkunde auszuüben, ohne Bestallung und mit allen Konsequenzen. Es gibt keine Einengung dieser Erlaubnis, nur weil ein anderer die Erlaubnis hat, Heilkunde mit ärztlicher Bestallung auszuüben. Es sind andere Werdegänge, aber kein Über- oder Unterordnungsverhältnis.
Die Einengung ergibt sich aus Sekundärgesetzen, vor allem aus der Schadenshaftung. Die Zeiten, da Gerichte Heilpraktiker von jeglicher Schadenshaftung frei hielten, weil sie mangels geregelter Ausbildung ja unter "denn sie wissen nicht, was sie tun" fielen, sind längst vorbei. Die Rechtsprechung läßt keinen Zweifel daran, daß der Heilpraktiker jene Therapien, die er anwendet, genau so beherrschen muß, wie der Arzt, und daß er voll für Kunstfehler einstehen muß. Sein Tun muß also Hand und Fuß haben, es muß begründbar sein, wenn er von lehrbuchgemäßen Therapien abweicht.

Begründbar auch gegenüber dem vorbehandelnden Arzt. Denn in der Praxis sieht das doch nicht selten so aus, daß der Patient sich im Konflikt sieht, wem er denn nun glauben und folgen soll, wenn der eine Hüh und der andere Hott sagt. Und dann befragt er auch noch einmal seinen Arzt, der im Zorn nicht nur all Ihr Tun für "baren Unsinn" erklärt, sondern auch noch zum Telefonhörer greift, um Sie "zusammenzufalten", ob Ihrer Unverfrorenheit. Dann müssen Sie imstande sein, nicht nur Lieschen Müller Ihr Tun zu erklären, sondern auch dem aufgebrachten Arzt aus der Nachbarschaft. Und das in seiner Sprache !
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Die ärztliche Standesordnung mit ihrem Verbot der Zusammenarbeit von Ärzten mit Nichtärzten ist hier kein Hindernis.

Andere scheuen sich, den Arzt um die Unterlagen zu bitten, aus Angst, er können ablehnen, oder strinrunzelnd fragen: "Wozu?". Erläutern Sie dem Patienten, daß er ein Recht auf seine Befunde hat, sie sind sein Eigentum, er hat sie mit dem Blankoscheck "Krankenschein" bezahlt. Auf die subjektive Beurteilung des Arztes hat er jedoch keinen Anspruch.
Aber wer spielt schon gern gegenüber dem Hausarzt sein Recht aus, oder klagt gar ? Wir müssen eines deutlich machen, ich Ihnen, Sie dem Patienten und dieser seinem Arzt: wenn der Arzt wichtige Befunde zurückhält, nur um den Heilpraktiker in's offene Messer laufen zu lassen, dann schadet er dem Patienten und setzt sich zivil- wie strafrechtlich in die Nesseln.
Hausärzte verkennen gern, daß es das gute Recht des Patienten ist, auch eine andere Dienstleistung als die seine in Anspruch zu nehmen. Das sieht der Arzt nicht gerne. Mein Tankwart sieht auch nicht gerne, wenn ich gegenüber bei der anderen Farbe tanke. Zugegeben, ein wenig ist das ja auch ein Mißtrauensvotum, ein Wink mit dem Zaunpfahl: "So ganz zufrieden bin ich nicht." Aber diese Kröte muß der Arzt schlucken, oder seinen Patienten ganz verlieren.

...Und bei der Gelegenheit ein ganz praktischer Hinweis: Nur der Patient bleibt Ihnen dauerhaft treu, dessen Behandlung Sie selbst irgendwann abschließen. Wer abbricht, weil er sich über Gebühr (buchstäblich) behandelt fühlt, kommt nie wieder.

Zugegeben, manch Patient traut sich nicht, weil er fürchtet, sein Arzt würde sich mit hochrotem Kopf dem Schlaganfall nähern und um die Lampe fliegen. Sagen Sie dem Patienten, er soll mehr Selbstbewußtsein haben, den Arzt an den Füßen wieder auf den Boden der Wirklichkeit zurückholen. Weder ist der eine Stabsarzt noch der andere Rekrut. Der Arzt ist Dienstleister, und es gibt auch andere. Der Patient tut nichts Verbotenes, wenn er zum Heilprakiker geht, und dieser auch nicht, wenn er die Behandlung übernimmt.
Krankenkassen erstatten ihre Rechnungen, die staatlichen Beihilfestellen auch, das Finanzamt erkennt ihre Rechnungen als "außergewöhnliche Belastung" an. Ich hoffe, sie sind nicht immer so ganz außergewöhnlich. Sekundärgesetze räumen dem Heilpraktiker Rechte ein, er darf MTA's beschäftigen, röntgen, wenn er den Strahlenschutz beherrscht, und das Arzneimittelgesetz billigt ihm mit der 8. Novelle erstmals offiziell die Abgabe medizinischer Gase zu. Inzwischen leidet die Ärzteschaft und dem Trauma, die Heilpraktiker seien in Bonn besser angesehen als sie selbst.

Den riesigen Freiraum, von dem ich spreche, genießen wir, obwohl wir keine staatlich reglementierte Ausbildung haben, was ja über die Qualität der Ausbildung überhaupt nichts sagt, und obwohl wir keinen Beruf im Sinne des Berufsbildungsgesetzes mit staatlich vorgegebenen Inhalten ausüben. Man muß es immer wieder sagen: der Staat beschränkt sich bei der Heilpraktiker-Zulassung auf den Risikoausschluß. Er läßt uns gewähren, ohne daß er Verantwortung für unser Tun trägt. Damit können wir gut leben, und wir sollten uns gelegentlich auf diesen unseren Standort besinnen, um uns vor Überheblichkeit zu bewahren. Prestige und Ansehen kann man nicht von einem pauschalen Ansehen ableiten, das muß sich jeder selbst schaffen.

Aber solange ich denken kann, gibt es immer wieder Bestrebungen, den Stand durch eine staatliche Ausbildung und Prüfung abzusichern. Zwangsläufig taucht dann aber die Frage nach dem Ausbildungslevel auf.


Wenn der Staat hier einen Rahmen schafft, wo soll er dann liegen.? Bei 100% des ärztlichen Staatsexamens ? Dann gibt es keine Heilpraktiker mehr. Bei 70% oder 55% ?
Wie stelle ich mir den Heilpraktiker vor ? Souverän, autonom, mit Selbstbewußtsein aus Sachkenntnis und Wissen, auch mit Selbstbeschränkung in Kenntnis der eigenen Grenzen, fähig und bereit zur Kooperation mit Ärzten und Kliniken.

Und wie stelle ich mir den Patienten vor ? Selbstbewußt, eigenverantwortlich, unabhängig, gesundheitsbewußt, den Heilpraktiker und Arzt nach eigener Wahl als Partner und Helfer seiner Eigenverantwortung sehend.