Landeshauptstadt München Referat für Gesundheit und
Umwelt
Geschäftsstelle Dachauer Straße
RGU-GD K
Dachauer Straße 90
80335 München
Sachbearbeitung:
Herr Dobmeier
E-Mail:
rgu-gdk@muenchen.de
Ihr Schreiben vom
09.03.2004
Datum
10.03.2004
Vollzug des Heilpraktikergesetzes (HeilprG);
geplante Untersagungsanordnungen gegenüber im Stadtgebiet München
tätigen
„Synergetik-Therapeuten/innen“ wegen unerlaubter Heilkundeausübung
Sehr geehrter Herr Joschko,
zunächst ist es richtig, dass bis jetzt kein, zumindest kein höchstinstanzlicher,
„Nachweis des Verbots“ (der Rechtswidrigkeit / Strafbarkeit) der
berufs-/gewerbsmäßigen Ausübung der „Synergetik-Therapie“
ohne ärztliche Approbation oder Heilpraktikererlaubnis erbracht ist.
Gestatten Sie uns aber deutlich darauf hinzuweisen, dass bezüglich der
durch andere Behör-den bereits ausgesprochenen oder von uns beabsichtigten
Untersagungen ein grundlegendes Missverständnis Ihrerseits vorliegt, wenn
Sie schreiben, es handele sich um „Akutverbote oh-ne Beweise“ und
man solle, auch wegen des fehlenden „Nachweises des Verbots“, doch
„das Ergebnis“ einer höchstrichterlichen Rechtsprechung, z.B.
des BVerfG, „abwarten“.
Die angesprochenen anderen Behörden und auch wir haben in unserer Funktion
als Sicher-heitsbehörden (in Bayern sich ergebend aus Art. 6 LStVG, in
anderen Bundesländern aus dort durchgängig vorhandenen ähnlichen
Gesetzen) „die Aufgabe, die öffentliche Sicherheit und Ordnung durch
Abwehr von Gefahren und durch Unterbindung und Beseitigung von Störungen
aufrechtzuerhalten“.
Der Begriff der Gefahrenabwehr im Sinn dieses Gesetzes beinhaltet nicht, dass
Tatsachen-beweise vorliegen müssen; für Maßnahmen der Sicherheitsbehörden
genügt die ausreichend begründete Vermutung, dass von dem Vorhandensein
bzw. Eintreten von Gefahren – sei es für die Gesundheit von Bürgern,
sei es für die „öffentliche Sicherheit“ i.S. einer Gewährleistung
der Einhaltung der bestehenden Gesetze - ausgegangen werden kann. (Ob die Vermutung
der Behörden jeweils ausreichend begründet war, kann im Nachhinein
im Rechtsmittelverfahren festgestellt werden.)
In der hier (in Bayern, in anderen Bundesländern ähnlichen) anzuwendenden
Befugnisnorm Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG heißt es, die Sicherheitsbehörden
könnten zur Erfüllung der o.g. Auf-gaben Anordnungen für den
Einzelfall treffen, um „rechtswidrige Taten, die den Tatbestand ei-nes
Strafgesetzes“ (hier: § 5HeilprG) „... verwirklichen, ... zu
verhüten oder zu unterbinden“. Aus den Worten „zu verhüten“
wird erneut der vorbeugende Charakter deutlich, bei dem es nicht notwendig darauf
ankommt, dass bereits ein Schaden eingetreten ist oder einer Strafvorschrift
zuwider gehandelt wurde. Gefahrenabwehr wäre absurd, wenn es immer erst
der von Ihnen angeführten „Leiche“ bedurfte.
Beweise in dem von Ihnen geäußerten Sinne (für die tatsächliche
Erfüllung des Straftatbestan-des nach § 5 HeilprG i.S. der üblichen
Rechtsprechung) hätten die Staatsanwaltschaften vor den Strafgerichten
zu erbringen, falls gegen „Synergetik-Therapeuten“ Anzeige erstattet
wür-de. Wir haben hierauf jedoch bewusst verzichtet - obgleich die Einleitung
eines strafrechtlichen Verfahrens parallel zum vorliegenden verwaltungsrechtlichen
Verfahren möglich wäre -, da wir aufgrund der relativen Komplexität
des Sachverhalts und des Fehlens einer abschließen-den richterlichen Entscheidung
hierzu es für sinnvoll erachten, erst einmal auf verwaltungs-rechtlicher
Seite eine Klärung anzustoßen.
Der Relevanz des „Ziehens einer Grenze“ für jeden Einzelfall,
z.B. „zwischen kranken Men-schen, die Selbsterfahrung haben wollen, und
den Gesunden“, können wir dadurch begegnen, dass in unserer Argumentation
– wie sie auch von anderen Behörden und Gerichten schon verwendet
wurde – die „Synergetik-Therapie“, so wie sie von Ihrem Institut
gelehrt und publi-ziert wird, ihrer Gesamtdarstellung nach typischerweise ärztliche
Fachkenntnisse voraussetzt und Heilkunde im Sinne der Eindruckstheorie des BGH
darstellt, somit typischerweise geeignet ist, bei Anwendung durch Nichtärzte
und –heilpraktiker Gefährdungen der Volksgesundheit hervorzurufen.
Von dem Moment an, in dem einem „Synergetik-Therapeuten“ von einer
zuständigen Behörde eine Untersagungsanordnung aufgrund der oben beschriebenen
Rechtsnormen zugestellt wird (was nur dann geschieht, wenn dieser kein Arzt
oder Heilpraktiker ist), ist die gewerbliche Anwendung dieser Therapie dem Betroffenen
– entgegen Ihrer Vermutung, es bedürfe erst ei-nes „Nachweises
des Verbots“ - eben nicht mehr erlaubt, solange nicht die jeweilige Auf-sichtsbehörde
oder ein zuständiges Gericht die Anordnung aufhebt.
Zu der von Ihnen beigefügten E-mail ist nur zu sagen, dass es uns recht
ist, wenn den Betrof-fenen geholfen werden konnte, und sei es nur in psychischer
Hinsicht. Nach unserer Kenntnis sind in Ihrem Institut jedoch Heilpraktiker
beschäftigt, die die „Synergetik-Therapie“ in jedem Fall rechtmäßig
durchführen / beaufsichtigen dürfen. Es stellt sich daher die Frage,
warum diese gesichert legale Form der Therapie nicht auch anderwärtig vollzogen
werden kann. Inwieweit die damit einhergehende Beschwer für Ihre Absolventen,
nämlich der Erwerb der HP-Erlaubnis, unverhältnismäßig
sein könnte, kann u.E. nur auf dem Rechtsweg geklärt werden.
Mit freundlichen Grüßen
i. A. gez. Dobmeier
Verwaltungsoberinspektor
a) per E-mail an Herrn Dr. Martin Hepp, Gesundheitsamt Goslar z.K.