Hier die Genehmigung der Ausübung der Synergetik Therapie auch für kranke Menschen im Schreiben vom April 2003
Landeshauptstadt München
Referat für Gesundheit und Umwelt
Dachauer Str. 90
80335 München
rgu-gdk@muenchen.de
Verwaltungsinspektor Dobmeier
Vollzug des Heilpraktikergesetzes;
Ermittlungen wegen vermuteter unerlaubter Ausübung der Heilkunde
...April 2003
Sehr geehrte .......
sehr geehrter.......
zu Ihrem o.g. Antwortschreiben auf unsere Anfrage vom 27.02.2003 (Frau Dr. Deloch)
dürfen wir folgendes mitteilen.
Zunächst widersprechen wir Ihrer Ansicht, es sei „bestimmt nicht
im Sinne des Bayerischen Staatsministeriums, dass sich jedes einzelne Gesundheitsamt
in Bayern mit dem Thema auseinandersetzt." Es ist vielmehr sogar
so, dass jede örtlich zuständige Sicherheitsbehörde (so wie wir
in unserer Doppelfunktion als solche für den Gesundheitsbereich) nach Art.
6 und 7 des bayerischen „Gesetzes über das Landesstrafrecht und das
Verordnungsrecht auf dem Gebiet der öffentlichen Sicherheit und Ordnung"
(LStVG) ausdrücklich befugt und verpflichtet ist, zur Erfüllung ihrer
originären Aufgabe der Gefahrenabwehr eine eigene Einschätzung der
Gefahrenlage zu treffen und bei entsprechendem Ergebnis in eigener Kompetenz
die erfor-derlichen gefahrenabwehrenden Maßnahmen anzuordnen. Dies gilt
auch für das vorliegende Thema „Synergetik-Therapie".
Es besteht daher kein Anlass, Ihr Schreiben an das Ministerium weiterzuleiten.
Ebenso erübrigt es sich, das Ministerium um eine Aussage zu der von Ihnen
unter Punkt 6. geschilderten Spezialsituation zu bitten. Wir werden auf jene
Situation noch weiter unten zu sprechen kommen.
Wir bitten auch um Verständnis, dass wir in dieser Angelegenheit ausschließlich
mit Ihnen kommunizieren werden, da Sie selbst als Einzelpersonen - und nicht
etwa Ihr Berufsverband
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oder sonstige „fachkundige Personen" - nach LStVG die alleinigen
Adressaten von Maßnah-men unsererseits sind. (Es steht Ihnen natürlich
frei, selbst den Berufsverband o.ä. beizuziehen.)
Sofern bei Ihnen Zweifel an unserer im folgenden formulierten Rechtsauffassung
zum Thema bestehen sollten, wäre dies allenfalls auf dem Verwaltungsrechtsweg
(Widerspruch und Klage) geltend zu machen. Bitte beachten Sie jedoch, dass das
Ihnen hier vorliegende Schreiben keinen rechtsmittelfähigen Bescheid darstellt,
sondern rein informativen Charakter hat. Sollten Sie zur Einleitung einer abschließenden
Klärung einen solchen - kostenpflichtigen - Bescheid wünschen, so
teilen Sie uns dies bitte mit; wir könnten uns jedoch vorstellen, dass
der im folgenden vorgeschlagene Kompromiss auch in Ihrem Sinne ist.
Wir halten es nun nach Durchsicht Ihrer Argumentation, Ihrer Website sowie einiger
weiterer Websites von „Synergetiktherapeuten" keineswegs für
abschließend widerlegt, dass die von Ihnen und Ihren „Kollegen"
unter der Bezeichnung „Synergetik-Therapie" vorgenommenen Tätigkeiten
erlaubnispflichtige Ausübung der Heilkunde darstellen.
Es handelt sich jedenfalls mindestens um eine Tätigkeit im absoluten Grenzbereich
zur Aus-übung der Heilkunde und wir nehmen an, dies ist auch von ihrem
Erfinder so intendiert: eine Möglichkeit des Gelderwerbs, welche sich möglichst
stark dem Gebiet der Heilkunde annähert und dem Kunden auch ein solches
Bild vermittelt, jedoch - zumindest nach Meinung der Pro-tagonisten - gerade
noch nicht der Erlaubnispflicht nach dem Heilpraktikergesetz unterliegen soll.
Selbstverständlich gilt hierfür unabhängig von weltanschaulichen
Gesichtspunkten zunächst der Grundsatz der Berufsfreiheit (Art. 12 GG);
es ist jedoch durch die zuständigen Behörden sicherzustellen, dass
keine anderen Rechtsgüter wie das Recht auf körperliche Unversehrtheit
(Art. 2 Abs. 2 GG) beeinträchtigt werden, indem durch die fragliche Tätigkeit
möglicherweise Kunden in ihrer Gesundheit gefährdet oder geschädigt
werden.
Hierfür ist unabhängig von der Rechtsfrage, ob es sich bei dieser
Tätigkeit tatsächlich um Ausübung der Heilkunde im Sinne des
§ 1 HeilprG handelt oder nicht, u.E. durch die Behörde zunächst
und vor allem eine realistische Einschätzung der aus der Tätigkeit
resultierenden Gefahrenlage für den Kundenkreis zu treffen und bei Bejahung
einer solchen die erforderliche Maßnahme (z.B. Untersagung der Tätigkeit)
einzuleiten, um dem Sinn der Regelungen des HeilprG Genüge zu tun.
Sie haben uns als Anlage ein „Informationsblatt zu Synergetik Therapie
Einzelsitzungen" so-wie auf dessen Rückseite die „Ethikrichtlinien
des Berufsverbandes für Synergetik Therapeu-tinnen u. Therapeuten BVST
(23.06.02)" übersandt.
Das Infoblatt und die „Richtlinien" enthalten - teilweise wiederholt
- etliche Formulierungen, die - sofern die beiden Dokumente vor Vertragsabschluss
/ Behandlungsbeginn jedem Klien-ten mit genügend Zeit zum aufmerksamen
Durchlesen und zur Unterschrift vorgelegt werden - das Risiko als relativ gering
erscheinen lassen, dass sich einer Ihrer Klienten nicht darüber im klaren
sein könnte, dass die „Synergetik-Therapie" keinesfalls die
Behandlung durch einen Arzt, Psychotherapeuten oder Heilpraktiker ersetzen kann.
Für in diesem Sinne besonders zweckmäßig halten wir die Passagen
„Der Klient weiß, dass er sich über seine medizinische und
psychotherapeutische Versorgung selbst informieren muss", „Es wird
darauf hingewiesen, dass er (der Klient) sich mit dem Arzt seines Vertrauens
beraten
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soll", „Synergetik Therapie ist keine Psychotherapie", „Mit
der Therapievereinbarung wird ... keine Entscheidung getroffen, ob und in welchem
Umfang medizinische oder psychotherapeutische Versorgung vom Klienten in Anspruch
genommen werden muss", „Der Klient sollte sich während der Therapie
weiterhin mit seinem Arzt des Vertrauens beraten .... die Zusammenarbeit ist
erwünscht und wichtig" und „Der Klient weiß, dass ein
Synergetik Coach / Profiler über keine medizinische Qualifikation verfügt“.
Besonders die letzteren beiden Zitate halten wir un-bedingt für gegenüber
den Klienten mehrfach - auch während der laufenden „Therapie"
- her-ausstellens- und erwähnenswert.
Mit anderen Worten: wir tendieren nach wie vor zwar dazu, die „Synergetik-Therapie"
als erlaubnispflichtige Ausübung der Heilkunde i.S.v. § 1 HeilprG
einzustufen, sehen jedoch derzeit davon ab, diese Frage im Wege eines aufwendigen
Verwaltungs- bzw. Rechtsmittelverfahrens zu klären bzw. klären zu
lassen sowie gleichzeitig Strafanzeige wegen Verstoßes gegen § 5
HeilprG gegen Sie zu erstatten, da wir die für die Klienten möglicherweise
entstehenden Gefahren aufgrund Ihrer derzeitigen Praxis der Kundeninformation,
welche u.E. - wenn auch noch verbesserungsfähig (siehe unten) - jedenfalls
in die richtige Richtung geht, für noch vertretbar gering halten.
Für zumindest problematisch halten wir die Bezeichnung „Therapie"
im Zusammenhang mit „Synergetik". Unabhängig von der griechischen
Ursprungsbedeutung des Wortes Therapie hat sich allgemein eine starke Assoziation
dieses Begriffs mit der Kunst der Ärzte, Heilpraktiker, Psychotherapeuten
oder der sonstigen nichtärztlichen Heilberufe herausgebildet, so dass den
Klienten auf diesem Weg doch wieder medizinische Qualifikation der Betreiber
der Synergetik suggeriert werden könnte; ebensolches gilt für die
Verwendung der Begriffe „Behandlung" und „Behandler".
Hingegen halten wir Bezeichnungen wie „Synergetik Coach(ing)",
Synergetik Profiler/Profiling", „Stressbewältigung", „Konfliktlösung"
oder Neuschöpfungen wie z.B. „synergetische Selbstorganisation"
oder „Berater für Synergetik“ für problemlos; wir bitten
Sie, ernsthaft darüber nachzudenken, inwieweit Sie nicht - zum größtmöglichen
Schutz Ihrer Klienten - mit den genannten Bezeichnungen auskommen können.
Ferner halten wir es für nicht zielführend, dass mehrfach darauf hingewiesen
wird, der „Synergetik Coach / Profile` gebe „keine Heilungsversprechen
ab" - schließlich wird auch ein Arzt nur im Rahmen eines Dienstvertrages
gemäß BGB tätig, in welchem nur ein Tätigwerden nach den
Regeln der ärztlichen Kunst, nicht aber ein Heilungserfolg an sich geschuldet
wird -, und dass der Klient mehrfach versichern muss, für sich selbst die
volle Verantwortung zu tra-gen - ein solcher „Haftungsausschluss"
ist u.E. das Papier nicht wert, auf dem er steht, da die gesetzlichen Regelungen
des Privatrechts und auch des öffentlichen Gesundheitsschutzes grundsätzlich
anzuwenden sind.
Ausdrücklich fordern wir Sie jedoch dazu auf, künftig nicht mehr mit
den unbewiesenen Behauptungen zu werben, es handle sich bei Ihrer Tätigkeit
nicht um Heilkunde im Sinne des Heilpraktikergesetzes, die Tätigkeit falle
nicht unter bzw. beinhalte keinen Verstoß gegen das Heilpraktikergesetz,
es würden keine Diagnosen oder Therapien im medizinischen Sinne durchgeführt
und in keinem Fall werde im Sinne der sog. Eindruckstheorie des BGH der Eindruck
erweckt, den Klienten von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden zu
heilen oder ihm Erleichterung zu verschaffen.
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All dies steht so nicht fest.
Auch den Begriff „Selbstheilung" halten wir für gefährlich
und irreführend, insbesondere wenn er im Zusammenhang mit schwerwiegenden
Erkrankungen wie z.B. bösartigen Geschwulstleiden verwendet wird. Sie selbst
stellen ja in Ihrem Schreiben und auf Ihrer Homepage einen Bezug zwischen „Synergetik"
und Krebserkrankungen her. Wir sehen hier mögliche Parallelen zum Fall
des „Krebsheilers" Dr. Hamer und seiner kleinen Patientin Olivia,
welcher vor einigen Jahren in der Medienöffentlichkeit große Beachtung
gefunden hat. Hier wurde vom „Therapeuten" unterstellt, die Krebserkrankung
sei lediglich die Vorstufe zu einer Selbstheilung des Körpers und man dürfe
hier auf keinen Fall eingreifen - wir haben auch auf Websites von „Synergetiktherapeuten"
Links entsprechenden Inhalts gefunden -, mit den bekannten fatalen Folgen für
die kleine Patientin, welche bis zu einer Flucht der Eltern mitsamt dem Kind
ins Ausland ging, um sich so dem Zugriff der Behörden und der Schulmedizin
zu entziehen. Als das Kind schließlich wieder nach Deutschland gebracht
wurde, fand man - nach Erinnerung des Unterzeichners - bei der sofort eingeleiteten
Operation einen Tumor vor, der bereits so groß war, dass die Patientin
nur noch unter Schwierigkeiten genügend Atemluft holen konnte. Wir fordern
Sie deshalb auf, - insbesondere im Zusammenhang mit Krebs- und ähnlich
schwerwiegenden Erkrankungen und jedenfalls solange selbstheilende Effekte,
wie derzeit, nicht wissenschaftlich bewiesen sind - auf den Begriff „Selbstheilung"
zu verzichten oder ihn allenfalls im Zusammenhang mit kleineren Alltagsbeschwerden
zu verwenden.
Die von Ihnen verwendeten, sicher (z.B. vom „BVST°) vorgefertigten
Informationsmaterialien müssten Sie zur Erfüllung unserer obigen Forderungen
entsprechend abändern. (Wie wir vorstehend dargestellt haben, ist deren
Inhalt jedoch zu einem guten Teil durchaus in unserem Sinne.)
Zu der von Ihnen gestellten Frage, wie Sie vorgehen sollten, wenn sich bei einem
Klienten / einer Klientin während der „Therapie" bei Ihnen herausstellen
sollte, dass diese/r depressiv veranlagt ist oder Krebs hat, ist zu sagen, dass
Sie hier selbstverständlich unverzüglich auf dem Aufsuchen eines Arztes,
oder - im Fall der Depression - eines Psychotherapeuten, be-stehen sollten !
Dies bedeutet nicht, dass Sie selbst die Therapie damit unbedingt abzubrechen
hätten; eine Fortführung wäre durchaus denkbar, solange sichergestellt
ist, dass parallel hierzu eine schulmedizinische Überwachung oder ggf.
erforderliche Behandlung besteht. Sollte sich der Klient dann nach Ihren Erkenntnissen
einer solchen verweigern, raten wir Ihnen dringend, die Gesundheitsbehörde
zu informieren, damit diese - notfalls auch gegen den Willen des Klienten -
Maßnahmen zur Abwehr einer möglichen Selbstgefährdung des Patienten
treffen kann. Bedenken Sie die Ihnen in solchen Situationen zukommende besondere
Verant-wortung.
Zu Ihrer Information dürfen wir Ihnen noch mitteilen, dass wir an die weiteren
im Stadtgebiet München tätigen „Synergetiktherapeuten"
die gleichen Anforderungen stellen und diesen da-her vorliegendes Schreiben
an Sie, natürlich anonymisiert, in Kopie zukommen lassen wer-den.
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Abschließend sei noch erwähnt, dass sich unabhängig von unseren
bisherigen Ausführungen die Frage nach der Zulässigkeit bestimmter
Aussagen Ihrer Website nach dem „Gesetz über die Werbung auf dem
Gebiete des Heilwesens" (HWG) stellt. Wir haben in Hinsicht hierauf die
Regierung von Oberbayern als zuständige Stelle informiert. Die von dieser
in eigener Kompetenz zu treffenden Entscheidungen bleiben von den Darstellungen
in unserem Schreiben, die primär die Frage der Gefährdung der Volksgesundheit
durch die unerlaubte Ausübung der „Synergetik-Therapie" als
eines Bereichs der Heilkunde betreffen, unberührt.
Mit freundlichen Grüßen
i. A.
Dobmeier
Verwaltungsinspektor