Landesanwaltschaft Bayern informiert:
DIE LANDESANWALTSCHAFT INFORMIERT
Synergetik-Therapie nur mit Risikoaufklärung
„Synergetik-Profiling“ soll die Ursachen von Depressionen, Phobien,
Traumata, aber auch von körperlichen Beschwerden aufdecken können.
Mit Tiefenentspannung wollen Therapeuten sodann bei der Selbstheilung helfen.
Die Gesundheitsbehörde sah darin die Ausübung von Heilkunde, die klagende
Therapeutin hielt es für „Hilfe zur Lebensbewältigung“,
wofür keine Approbation als Ärztin oder eine Heilpraktikererlaubnis
nötig wäre.
Mitgeteilt von Landesanwältin Sigrid Kaiser
Eine Gymnasiallehrerin hatte sich an einem privaten Institut in zwei Kursen
von jeweils 28 Tagen zur „Synergetik-Therapeutin“ ausbilden lassen.
In ihrer Praxis für „Health Management, Magnetfeld-Therapie und Synergetik-Profiling“
bietet sie nun Behandlungsblöcke von vier bis vierzig „Sessions“
zu jeweils 130 Euro an. Synergetik beruhe auf der These, dass Krankheiten von
innen her, als Bearbeitung elektromagnetischer Felder und Frequenzen des Gehirns
geheilt werden könnten.
Der Klient würde mit seinen inneren Bildern, Symbolen und Träumen
konfrontiert und zu einer Bewusstseinsänderung angeregt. Bei der Behandlung
entstünden neue Nervenverknüpfungen, die sich über die Psyche
auf das Immunsystem und weitere Regelkreise des Körpers, damit letztlich
auf das gesamte körperliche Befinden auswirkten. Auf der Internet-Homepage
des Ausbildungsinstituts werden als selbst heilbare Erkrankungen unter anderem,
Alkoholabhängigkeit, Allergien, Asthma, Brustkrebs, Depressionen, Diabetes,
Epilepsie, Hautkrebs, Hepatitis, Herzbeschwerden, Leukämie, Multiple Sklerose,
Nierenversagen und Rückenmarksentzündungen genannt.
Allerdings sei die Synergetik-Therapie keine medizinische Behandlung, sondern
„Wellness“. Der Therapeut helfe dem Klienten, indem er ihn –
etwa unter entspannender Musik – in die eigene Seele hinabsteigen und
innere Türen öffnen lasse („Innenweltreise“).
Die Gesundheitsbehörde untersagte der Therapeutin ihre Tätigkeit,
solange sie keine Approbation als Ärztin oder Heilpraktikererlaubnis hat.
Bei dem unter Einsatz von Hypnose durchgeführten psychotherapeutischen
Verfahren bestehe die Gefahr, dass der Klient eine notwendige medizinische Behandlung
versäume oder zu lange damit warte und so seine Gesundheit gefährde.
Das Verwaltungsgericht München ließ im vorläufigen Rechtsschutzverfahren
die Tätigkeit zwar zunächst weiter zu, machte der Therapeutin aber
zur Auflage, die Klienten gegen Unterschrift aufzuklären, „dass nicht
auszuschließen ist, dass die beim Einsatz der Synergetik-Therapie angewandten
Maßnahmen im Einzelfall zu schwerwiegenden gesundheitlichen Störungen
führen können“.
Entscheidung des Gerichts
Die dagegen von der Therapeutin eingelegte Beschwerde wies der Bayerische Verwaltungsgerichtshof
zurück. Seine folgenden Ausführungen betreffen zwar ebenfalls nur
das vorläufige Rechtsschutzverfahren, beinhalten aber schon maßgebliche
Grundsatzfeststellen. Synergetik-Therapie bedeutet den Versuch, im Sinne von
§ 1 Abs. 2 des Heilpraktikergesetztes Krankheiten zu heilen oder zu lindern,
sodass die Tätigkeit ohne Approbation oder Heilpraktikererlaubnis von der
Gesundheitsbehörde voraussichtlich zu Recht verboten wurde (womit in der
späteren Hauptsacheentscheidung die Untersagung doch zu bestätigen
wäre).
Entscheidend ist, ob objektiv betrachtet der Eindruck erweckt wird, die Therapie
bezwecke die Heilung oder Linderung von Krankheiten oder helfe maßgeblich
dabei mit. Zwar ist nicht jedes Aktivieren der Selbstheilungskräfte schon
Heilkunde. Insbesondere wenn dahingehende Bemühungen nur spirituell wirken
und religiösen Riten näher stehen als der Medizin (Wunderheiler“),
ist das nicht der Fall. Das Versetzen in den Zustand der Tiefenentspannung und
die anschließende Führung auf der so genannten „Innenweltreise“
entfernt sich aber nicht grundlegend von psychiatrischen und psychotherapeutischen
Behandlungsmethoden.
Im Bereich der Homöopathie wird von Ärzten und Heilpraktikern in vergleichbarer
Weise mit der Anregung der Selbstheilungskräfte des Körpers gearbeitet.
Für den Klienten steht nicht die eher schwer vorstellbare Wirkungsweise
des Ganzen im Vordergrund, sondern die Hoffnung auf Heilung. Sie wird geweckt,
indem schwere Erkrankungen als behandlungsfähig genannt werden. Es lässt
sich nicht hinreichend sicher ausschließen, dass die Synergetik-Therapie
gesundheitsschädigend wirkt und Klienten von einem notwendigen Arztbesuch
abhält. Jedenfalls sind im Einzelfall gefährliche tranceartige oder
hypnotische Zustände nicht auszuschließen. Die Therapeutin verfügt
mangels Ausbildung nicht über die heilberuflichen Techniken, mit denen
diesen Gefahren begegnet werden könnte.
Die vom Verwaltungsgericht verfügte schriftliche Aufklärung der Klienten
ist daher rechtmäßig. Ohne eine solche Auflage müsste das von
der Gesundheitsbehörde verfügte Tätigkeitsverbot sofort durchgesetzt
werden.