Heilpraktikerverband kämpft gegen Geistheiler
In Zusammenhang mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts
zu Geistheilern gibt es nun eine „Sonderausgabe Deutschland April 2004“
der Verbandszeitschrift der Freien Heilpraktiker, die das Urteil der Verfassungsrichter
scharf kritisiert.
Pikant dabei, dass die Freien Heilpraktiker ja von den Verfassungsrichtlinien
angehört wurden und in dieser Anhörung vom Verband eine bessere schulmedizinische
Ausbildung und verschärfte Zulassung gefordert wurde. Was die Richter zu
der Schlussfolgerung veranlasste, dass eigentlich Geistheiler von den Richtung
Schmalspurärzten abdampfenden Heilpraktikern doch zu weit entfernt seien,
um nicht einen eigenen gewerberechtlichen Status erhalten zu müssen. Dass
nun FH-Vorsitzender Bernd R. Schmidt die Gewerbeämter auffordert, den Zugang
erheblich zu erschweren, zeugt auch nicht von besonderer Einsichtigkeit.
Bernd R. Schmidt und der Verband Freie Heilpraktiker sind der Reikiszene dadurch
bekanntgeworden, dass sie das berühmte „Koblenzer Urteil“ erreichten,
das Reiki der Eindruckstheorie des Heilens zuordnete und das nach wie vor Gültigkeit
hat und auch ein Grund dafür ist, warum das Geistheilerurteil nicht auf
Reiki angewandt werden kann.
Und auch jetzt ist die Kampagne des Herrn Schmidt durchaus ernst zu nehmen.
In den letzten Wochen haben sich Ermittlungsverfahren und Hausdurchsuchungen
bei Reiki-Ausübenden gehäuft, die im Vertrauen auf die Entscheidung
des Bundesverfassungsgerichts und der Desinformation durch Reiki-Kreise an einen
„einfachen Weg“ der Legalisierung geglaubt haben. Insbesondere DGH
und Reiki-Magazin haben in verkürzten und unkritischen Darstellungen so
getan, als reiche es auch, wenn durch ein paar Formalien, die der Klient unterschreibt,
die Gefahr aus der Welt ist. Und wenn Reiki-Magazin dies auch als Kurzmeldung
bringt und dann schreibt: Näheres gibt es in der Juni-Ausgabe, dann ist
das unverantwortlicher grober Unfug. Denn bis zum Juni werden dutzende Ermittlungsverfahren
laufen.
Ausdrücklich davor gewarnt werden muss auch davor, beispielsweise die Formulare
der Internetpräsenz Reikiradius herunterzuladen oder sich auf Aussagen
in anderen Foren (z.B. Reikiland u. a. ) zu verlassen. Wer danach handelt, setzt
sich der Gefahr der Rechtsverfolgung aus. Eine Berufung auf das Geistheiler-Urteil
des Bundesverfassungsgerichts ist dann zwecklos.
Warum das so ist, nochmals in Kürze:
Das Geistheiler-Urteil bezieht sich ausschließlich auf Geistheiler, die
als solche gewerblich tätig sind. Dies setzt eine Gewerbeanmeldung als
„Geistheiler“ voraus. Gewerbeanmeldungen als „Seminarveranstalter“,
„Wellness-Berater“ oder ähnliches erfüllen diese Voraussetzungen
nicht.
Dem Kunden muss klar sein, dass er sich an einen Geistheiler wendet, der keine
Heilmethoden anwendet, sondern nur spirituell heilt. Reiki ist jedoch nach der
Eindrucktheorie eine Heilmethode und daher ist schon der Begriff „Reiki“
in einer werblichen Ankündigung kontraproduktiv.
Der DGH, die DGAM und die AGBP haben jeweils Modelle entwickelt, mit denen eine
Reiki-Ausübung unterhalb der Heilpraktiker-Zulassung möglich ist.
Im Do-it-yourself-Verfahren – allenfalls mit einem heruntergeladenen Formular
– geht gar nichts. Höchstens schief.
Denn die Diskussionen um das Verfassungsgerichtsurteil und die Reaktionen der
Heilpraktiker-Verbände haben dazu geführt, dass die Behörden
nun verstärkt aktiv werden. Nach der nun eindeutigen Rechtslage werden
sie das Recht nun auch umsetzen. Die Zeit des „darüber Hinwegsehens“
ist vorbei. Die Aktionen der Staatsanwaltschaften und der Gewerbe- bzw. Gesundheitsbehörden
rollen jetzt an und die Vorbereitungen für Abmahnaktionen – auch
durch Heilpraktikerverbände – laufen auf Hochtouren.
Aus: Wendezeit Nr. 4/04 (Juli-August 2004)