Sendung hr2
vom 13.06.2003
ãDem
inneren Heiler eine Chance geben Ð
Annþherung
an das Geheimnis der SelbstheilungskrþfteÒ
von Lisa
Laurenz
ãHeilwerden ist fŸr mich eine Begegnung mit einer Dimension, der ich zugehšrig bin, wie auch immer man das nennen mag. Man kšnnte das ãGottÒ nennen, man kšnnte das ãuniverselle EnergieÒ nennen. FŸr mich ist es nicht mehr das Entscheidende, gesund zu sein, sondern das Entscheidende, heil werden zu kšnnen, weil Heilwerden mich einbettet in Prozesse, die mich mit ganz anderen Quellen verknŸpfen. Und diese Quellen belohnen durch Freude, durch Frieden, durch eine tiefe, ja, auch innere GerŸhrtheit und Dankbarkeit, Ergriffenheit.Ò
Wer
kšrperlich und seelisch leidet oder krank ist, sehnt sich nach Heilung. Was
bedeutet das? ãHeilenÒ hei§t gesund machen oder ganz werden. Und woher kommt
Heilung? Von einem Medikament? Von innen? Aus der Seele? Von einer hšheren
Macht?
ãMan
kann es das Wirkprinzip des Universums nennen. Es ist ein Liebesprinzip, weil
es aufbaut, weil es hilft. Helfen und Heilen, denke ich, gehšrt zusammen.
Aber Heilwerden ist eine Prozesshaftigkeit, die in dem Punkt des Nichtheilseins
schon eine Erfahrung mit sich bringt und in dem Aushalten des Nichtheilseins,
dem Schmerz, der Erfahrung, die man darin mit sich macht, das sind ja Formen
der Selbstbegegnung, und diesem daraus-gefŸhrt-Werden. Das ist wie eine Reise.Ò
Die
Menschen in der Antike glaubten an die Heilkraft von €skulap, jenem weisen,
naturheilkundigen Arzt, der so viele geheilt hatte, dass man ihn spþter als
Gott verehrte. Der schlangenumwundene €skulap-Stab Ð Sinnbild des þrztlichen
Berufsstandes Ð erinnert noch heute an diesen Ahnen der Heilkunst, der vor
Ÿber 2500 Jahren gelebt hat. Erstaunlicherweise kommt der Begriff ãHeilungÒ
in medizinischen Lehr- und WšrterbŸchern so gut wie nicht vor. Das hat verschiedene
GrŸnde, meint Theodor Petzold, Allgemeinmediziner und Arzt fŸr Naturheilverfahren:
ãIch
denke, das hat damit zu tun, dass die Schulmedizin mit ihrem naturwissenschaftlichen
Anspruch des 19. Jahrhunderts nur Ursache und Wirkung untersucht und keine
dynamischen Prozesse. Und Heilung beschreibt einen dynamischen Prozess, der
von den Naturwissenschaften lange geleugnet wurde. Das Zweite ist, dass, wenn
man die Heilung oder diese Heilungskrþfte Ÿberhaupt akzeptiert und annimmt,
dann wird der Arzt unwichtiger oder kšnnte er meinen, er wird unwichtiger.
Das hei§t, solange Gesundung nur Erfolg der Medizin ist, dann braucht es die
Heilung nicht zu geben. Viele €rzte haben auch deswegen vielleicht Angst davor,
dass ihre Wichtigkeit abnimmt und ihr SelbstwertgefŸhl, wenn sie Heilung akzeptieren.Ò
Heilung
ist ein vielschichtiger Prozess, der von subjektiver Genesung bis hin zur
vollkommenen Gesundung reicht. Sie bedeutet nicht nur die Abwesenheit von
Krankheit, sondern beinhaltet noch eine andere Dimension, erklþrt Professor
Annelie Keil, Gesundheitswissen-
schaftlerin in Bremen:
ãHeilung
hei§t ja Heilwerden. Und das hei§t: Was immer in einer Krankheit um mich herum
passiert und was auch die Ursachen der Erkrankung sind, eine sehr komplexe
Ordnung ist aus dem Gleichgewicht gekommen. Und Heilung hei§t nicht, dass
ein Symptom verschwindet. Das ist ein wichtiges Nebenprodukt, manchmal natŸrlich
auch fŸr Patienten das besonders Wichtige. Aber das Symptom kann verschwinden
und woanders wieder kommen. Wichtig in der Heilung ist, dass die gestšrte
Ordnung, die immer eine innere Ordnung ist und das Verhþltnis der inneren
zur þu§eren Ordnung, dass eine neue Ordnung hergestellt wird.Ò
ãEs
gibt Menschen, die sagen, dass sie selbst mit einer schweren kšrperlichen
Beeintrþchtigung trotzdem sich geheilt fŸhlen und sich heil fŸhlen, ja? Es
gibt Menschen, die haben ein Bein verloren und trotzdem fŸhlen sie sich heil.
Also, man darf das nicht so klischeehaft verwenden. FŸr mich geht es eigentlich
immer eher um Annþherung an ein Ideal, also der Heilung sich annþhern, also
heilende Krþfte sich bewusst zu machen und sie zu nutzen.Ò
Was
dem Einzelnen hilft, heilende Krþfte in sich zu entwickeln und eine heilsame
innere Ordnung herzustellen, das kann sehr verschieden sein. Menschen, die
Heilung erfahren haben, erzþhlen hþufig, dass es fŸr sie wichtig war, der
inneren Weisheit des eigenen Kšrpers zu lauschen.
ãIch
bin 1995 an Brustkrebs erkrankt und hatte mich bis dahin noch gar nicht mit
Krankheiten und Selbstheilungskrþften beschþftigt. Und sehr bald war mir klar
nach meiner Operation: Du musst auch selbst was fŸr dich tun. Und in diesem
Zusammenhang habe ich mit den geistigen Gesetzen beschþftigt, die unsere Welt
ja bestimmen, also zum Beispiel das Gesetz von Ursache und Wirkung. Mit anderen
Worten: Von nichts kommt nichts. Der Krebs hat natŸrlich auch eine Ursache,
und wie mir dann nach einiger Zeit und auch mit Hilfe einer Heilpraktikerin
klar wurde, dass ich, also zum Beispiel, viel Groll in mir hatte und dass
ich daran halt gearbeitet habe, war das Eine, aber auch meine Gedanken, die
Macht der Gedanken. Man kann sagen, dass ich, ja, so eine geistige Reinigung
vollzogen habe.Ò
ãGro§en
Dank verdient die Natur, dass sie in die Existenz eines jeden lebendigen Wesens
auch so viel Heilungskraft gelegt hat, dass es sich, wenn es an dem einen
oder anderen Ende zerrissen wird, selbst wieder zusammen flicken kann.Ò Ð
Johann Wolfgang von Goethe
ãDer
Auslšser war eigentlich ein ganz einfacher: Ich hatte mich im Winter verhoben.
Ich wþre nicht in der Lage gewesen, eine Tasche zu heben am nþchsten Tag.
Der Hals war steif. Das ging bis in den RŸcken hinein und war auch schmerzhaft.
Und mir war schon klar, dass es irgendeiner Art von Behandlung bedarf, da
gibt es viele konventionelle Wege, die man beschreiten kann. Und das †berraschende
fŸr mich in dieser Situation war, dass ich am Abend in die Stimmung geriet,
zu beten, so wŸrde ich das nennen. Es war jetzt aber nicht eine Bitte, dass
ich in die Funktion zurŸck versetzt werde, sondern es war der Wunsch, dass
mir etwas genommen wird, diese Situation. Das war kein Wunsch, der vom Kopf
formuliert wurde, sondern das war ein Herzenswunsch. Und direkt danach bin
ich in tiefen Schlaf gefallen, um am nþchsten Morgen komplett beschwerdefrei
aufzuwachen.Ò
So
eine Heilungserfahrung hatte er nie zuvor gemacht.
ãAlso,
ich glaube, das ganz Entscheidende ist, dass man in einer Notsituation versucht,
die Botschaften, die fŸr einen selbst darin stecken, zu entdecken. Und das
geht, glaube ich, nur auf der Grundlage eines umfassenden Glaubens, dass man
sich in eine FŸgung hineingibt, von der man wei§, dass sie wohlwollend ist,
und das ist eine Liebeserfahrung.Ò
ãIch
glaube, dass Gott uns in jeder Notlage so viel Widerstandskraft gebe will,
wie wir brauchen, aber er gibt sie nicht im voraus, dass wir uns nicht auf
uns selbst, sondern allein auf ihn verlassen.Ò Ð Dietrich Bonhoeffer.
Das
menschliche Potential, sich selbst zu heilen, ist bislang weitgehend unerforscht.
Das liegt auch daran, dass die moderne Medizin den Selbstheilungskrþften eher
mi§traut. Durch die beeindruckenden Erfolge der High-tech-Medizin, vor allem
bei akuten und schweren Erkrankungen, ist die menschliche Fþhigkeit, heilende
Krþfte in sich selbst zu entwickeln, vielfach in Vergessenheit geraten. €rzte
und Therapeuten beobachten aber immer wieder, dass die gleiche Erkrankung
bei manchen Menschen gŸnstiger verlþuft als bei anderen. Das passiert sowohl
bei Krebs, Aids oder chronischen Gelenkerkrankungen, bei psychischen Krisen
und schweren Traumatisierungen. †ber die GrŸnde dafŸr wird viel spekuliert.
Mšglicherweise hat es damit zu tun, dass diese Menschen ihre eigenen Ressourcen
besser zu nutzen wissen. Wissenschaftliche Studien zeigen zum Beispiel, dass
Kranke, fŸr die gebetet wird oder die fŸr sich selbst beten, sich besser fŸhlen
und schneller gesund werden. Der Mediziner und Philosoph Professor Ronald
Grossert-Mattischek aus Heidelberg konnte nachweisen, dass ein lebendiger
Gottesglaube die Heilungschancen bei Krebs bessert.
ãMenschen,
die eine spontane Religiositþt haben, fŸr sich beten, fŸhlen, dass der Heilige
Geist positiv wirkt, das GefŸhl haben, dass Gott mich immer trþgt, aber auch
ich gehe aktiv auf Gott zu und danke ihm und bete und bitte fŸr mich,
ist zum Beispiel ein signifikanter Prþdiktor fŸr langes Leben in Gesundheit
und Aktivitþt, ebenso einer der stþrksten Prþdiktoren fŸr Heilungsprozesse
bei unterschiedlichen chronischen Erkrankungen. Da haben Sie hochsignifikante
Synergie-Effekte. Das geht bis in die kšrperlichen Beziehungen hinein, also
beispielsweise eine Person, ein Krebspatient, der behandelt wird durch Chemotherapie
oder Bestrahlung und sich selbst gut reguliert, die Selbstheilungskrþfte aktiviert,
wird signifikant besser abschneiden als einer, der chemotherapeutisch oder
bestrahlungsmþ§ig behandelt wird und bei dem die interaktiven Selbstheilungskrþfte
blockiert sind.Ò
Wie
aber kommt man in Kontakt mit den Selbstheilungskrþften? Wie aktiviert man
Vertrauen in die Fþhigkeit des Kšrpers, die eigene Genesung zu befšrdern?
Heilkundige erinnern dann daran, dass es eine seelische Instanz gibt, die
auch ãder innere ArztÒ, ãdie innere HeilerinÒ oder ãder innere HelferÒ genannt
wird, eine Art innerer Ratgeber, den man um UnterstŸtzung bitten kann. Empfohlen
wird zum Beispiel eine VisualisierungsŸbung, um Verbindung zum inneren Helfer
zu bekommen:
ãIch
mšchte Sie bitten, dass Sie sich mit den Teilen in Ihnen in Verbindung setzen,
die man ãdie innere WeisheitÒ oder ãden inneren ArztÒ nennen kann, den Teil
in Ihnen, der weise ist. Bitten Sie Ihre innere Weisheit, Sie in Kontakt zu
bringen mit einem oder mehreren hilfreichen Wesen. Nehmen Sie mit Ihren inneren
Sinnen wahr, was Ihnen Ihre innere Weisheit zeigen will. Bitten Sie um Hilfe
fŸr Ihr Problem und seien Sie offen fŸr jede Antwort, die Ihnen gegeben wird.Ò
Wenn
Menschen sich um Hilfe nach innen wenden, dann kann es erstaunliche Lšsungen
geben: Ein sechzigjþhriger Mann mit Lungenkrebs zum Beispiel, den die €rzte
lþngst aufgegeben hatten, verzichtet auf jede weitere medizinische und therapeutische
Behandlung. Alles was er macht ist, auf Gott zu vertrauen. Und irgendwann
war der Tumor nicht mehr nachweisbar. Die unerwartete Genesung dieses Mannes
gehšrt zu den 12 Fallgeschichten von gesicherter Spontanheilung, die an der
Uni Heidelberg untersucht wurden. 6 der 12 Befragten hatten mit Naturheilverfahren,
Optimismus und Lebenswillen gegen ihre Erkrankung angekþmpft. 3 empfanden
ihre Genesung als Wirken der Gottesgnade, und 3 hatten ihre Krebserkrankung
zum Anlass genommen, tief in sich zu gehen und ihr ganzes Leben einer PrŸfung
zu unterziehen. Das sind subjektive Heilungserfahrungen, die natŸrlich nichts
darŸber aussagen, warum diese Menschen tatsþchlich gesund geworden sind. Die
Gesundheitswissenschaftlerin Annelie Keil meint:
ãHeilung,
wenn man so will, ist immer Spontanheilung. Wir erklþren leider in der Medizin
Spontanheilung als das, was wir nicht erklþren kšnnen. Ich selber glaube,
es gibt Ÿberhaupt nichts anderes als Spontanheilung, nþmlich der Kšrper oder
die Seele. Auch Ÿbrigens in der Psychose erleben wir das, dass Menschen plštzlich
die Symptome verlieren und sich auch als geheilt verstehen. Nun wird jeder,
der einen Eingriff gemacht hat: Ha, das lag an meiner Pille oder an meiner
Operation. Aber wir kšnnen streng wissenschaftlich nie sagen, was am Ende
gewirkt hat.Ò
Lange
Zeit haben Wissenschaftler immer nur unterschieden zwischen dem Kþmpfertyp,
der mit aller Kraft gegen seine Erkrankung angeht, und Menschen, die ihren
Krebs stoisch akzeptieren, was als schlechtere Bewþltigungsstrategie galt,
erklþrt Rolf Werres, Professor fŸr medizinische Psychologie an der Uni Heidelberg.
Viel wichtiger sei es, darauf zu schauen, meint er, welchen Sinn ein Mensch
seiner Erkrankung abgewinnt und welche Konsequenzen er daraus zieht. Dementsprechend
kšnnen die inneren Kraftquellen aktiviert werden:
ãMan
hat in der Forschung zu stark angenommen, dass das Kþmpfen in jedem Falle
die bessere Grundhaltung sei. Das ist aber erstens wissenschaftlich Ÿberhaupt
nicht haltbar, nicht, also Menschen, die eine Fþhigkeit und eine Bereitschaft
entwickeln, sich auch zu fŸgen, sich abzufinden, sich gleichzeitig aber mit
Hoffnung in grš§ere Zusammenhþnge einfŸgen, wie zum Beispiel die Religion,
Beten, Hoffnung auf ein besseres Leben nach dem Tode, die werden auf die Weise
vielleicht etwas erleichtert, ja, die sind vielleicht etwas weniger verkrampft,
etwas weniger angespannt, etwas weniger verbissen. Und aus dieser grundsþtzlichen
Erleichterung, die man auch mit Loslassen bezeichnen kšnnte, mit Hingabe,
ja, oder mit Vertrauen in ein grš§eres Ganzes, kann natŸrlich das gesamte
immunologische System auch beruhigt werden.Ò
Rolf
Werres kennt viele Menschen, die in der Krankheit enorme Fþhigkeiten entwickelt
haben und Ÿber sich selbst hinaus gewachsen sind. Sie kommen dabei zu Fragen
des Lebens, die sie im normalen Alltag permanent ausgeblendet haben.
ãIch
kann nur sagen, dass ich das bei vielen Krebsbetroffenen sehe, diese Bereitschaft,
sich ganz grundsþtzlich noch mal mit dem bisherigen Leben kritisch auseinander
zu setzen und Schlussfolgerungen aus der Krankheit zu ziehen, die eine ganz
neue Lebensweise auslšsen. Und ich kann immer wieder feststellen, dass diese
Menschen bewusster leben, ihre Entscheidungen auch viel bewusster treffen
und aus meiner Sicht auch intensiver und besser leben, also gesŸnder, als
wenn sie das nicht tþten. Und darauf zu vertrauen, dass Menschen diese Fþhigkeiten
haben, das ist etwas, was ich den €rzten auch wŸnsche. Wenn sie das bei den
Patienten spŸren, dass die durchaus solche Fþhigkeiten haben, dann kšnnen
sich die €rzte auch mit diesen Fþhigkeiten verbŸnden. Und daraus kann sich
ein viel schšneres Arzt-Patient-Verhþltnis entwickeln, als wenn man die Patienten
nur als arme, leidende Opfer ihrer Krankheit sieht.Ò
€rzte
Ÿben in unserer technologischen Gesellschaft eine þhnliche Funktion aus wie
in traditionellen Kulturen der Schamane. Das liegt wesentlich an dem Glauben,
den die Menschen auf den Arzt projizieren. Der Urwalddoktor Albert Schweitzer
hat mal gesagt:
ãAlle
Patienten tragen ihren eigenen Arzt in sich. Sie kommen zu uns, ohne diese
Wahrheit zu kennen. Wir sind dann am erfolgreichsten, wenn wir dem Arzt, der
in jedem Patienten steckt, die Chance geben, in Funktion zu treten.Ò
Was
aber, wenn ein Arzt mit dieser Verantwortung nicht gut umzugehen wei§? Unbedachte
Worte aus dem Mund eines Arztes kšnnen vernichtend sein:
ãMir
fþllt da die Geschichte meines Onkels ein, der einen Schlaganfall erlitten
hatte, dem es aber nach Behandlung schon sehr viel besser ging. Und trotzdem
hat eine €rztin zu ihm gesagt: ãDas wird nie wieder was mit Ihnen. Sie mŸssen
in ein Pflegeheim. Sie werden stets auf Hilfe angewiesen sein.Ò Und das war
fŸr meinen Onkel so ein Schock, dass er sich danach, nach diesem Gesprþch,
weigerte, Medikamente zu nehmen und sich všllig aufgab. Und nach zwei Stunden
war er tot! Všllig Ÿberraschend fŸr diese €rztin, fŸr mich eigentlich Ÿberhaupt
nicht Ÿberraschend. Das hat wirklich etwas von Verhexung, denn meiner Meinung
nach hat diese €rztin meinem Onkel so den Lebensmut genommen und ihn gebrochen.
Er hat sich selber aufgegeben. Diese €rztin hat meinem Onkel auch die Selbstheilungskrþfte
abgesprochen, diese Krþfte, die es ihm ermšglichen, dass es ihm immer besser
geht. Das Vertrauen zu sich selbst hat sie ihm genommen.Ò
Wer
þrztliche oder therapeutische Hilfe braucht, sollte sich einen Arzt oder Psychotherapeuten
suchen, der nicht nur fachlich kompetent ist, sondern auch zugewandt und liebevoll.
Dass positive GefŸhle und Einstellungen sich selbst gegenŸber die Biochemie
des Kšrpers verþndern und das Immunsystem stþrken, ist wissenschaftlich bewiesen.
Der Allgemeinmediziner Theodor Petzold:
ãLachen
ist gesund, zum Beispiel. Das hat auch die Psychoneuroimmunologie nachgewiesen,
dass Lachen das Immunsystem anregt, die Anzahl der wei§en Blutkšrperchen erhšht.
Weitere Faktoren sind Selbstbestimmung. Selbstbestimmung ist ein gro§er Gesundheitsfaktor,
Hoffnung ist ein Gesundheitsfaktor, SinnerfŸllung, Lust, Lust auf verschiedensten
Ebenen. Das sind alles Faktoren, die auf der einen Seite Endorphine zum Teil
ausschŸtten, also kšrpereigene GlŸckshormone sagt man ja dazu. Vertrauen und
Glauben sind ebenfalls gro§e Faktoren.Ò
Ist
der Glaube an die Heilkraft von Liebe und Vertrauen nicht einfach blo§ ein
Placebo? wird der Skeptiker fragen. Aber gerade der Placebo-Effekt ist ein
beeindruckendes Beispiel dafŸr, wie sehr Menschen fþhig sind, ungeahnte Selbstheilungskrþfte
in sich zu mobilisieren. Placebo (lateinisch) hei§t Ÿbersetzt: Ich werde gefallen.
ãDas
Vertrauen, dass ich wei§, ich gefalle, ich bin okay, ich bin geliebt. Placebo-Effekt
sagt ja, wenn wir ein Medikament nehmen oder eine Ma§nahme, auch eine chirurgische
Operation, Ÿber uns ergehen lassen, die eigentlich wirkungslos ist, also keinen
Wirkstoff hat, aber doch eine Wirkung zeigt. Das hei§t, wir glauben und dieser
Glauben ist das, was uns hilft. Man hat also auch festgestellt durch Untersuchungen,
dass also Operationen den stþrksten Placebo-Effekt haben von den Sachen. Also
viele Menschen, die haben Bauchschmerzen und man hat nichts gefunden, sie
sind operiert worden, Bauch auf, Bauch zu, ohne dass etwas gemacht wurde,
und hinterher sind die Bauchschmerzen weg geblieben.Ò
Wie
ein Placebo wirkt, ist bislang nicht genau bekannt. Voraussetzung ist jedoch,
dass der Patient vollkommenes Vertrauen in die Wirkung hat, þhnlich dem kindlichen
Urvertrauen. Wenn die Mutter ihre Hand liebevoll auf die Stirn ihres Kindes
legt, ist der schwerste Kopfschmerz unter Umstþnden verschwunden. Mit dem
Spruch ãheile, heile, SegenÒ kann eine Mutter, wenn sie eine Autoritþtsperson
ist und das Kind an sie glaubt, wahre Wunder bewirken.
Heilungsgeschichten
haben fŸr viele etwas Faszinierendes, vielleicht weil sie Mut machen und Hoffnung
wecken. Die Lebensberaterin Gaby Tenfelde:
ãAlso,
es gibt da ganz viele Geschichten, wo, also ich erinnere jetzt eine Frau in
NŸrnberg, der man gesagt hat: ãDu hast noch drei Monate zu lebenÒ und die
sich gesagt hat: ãWas mšchte ich gerne machen?Ò Sie mšchte gerne nach Kuba,
sie wollte schon immer nach Kuba, und sie hatte noch 1.500 Mark auf ihrem
Konto, hat das Geld genommen, ist nach Kuba geflogen. FŸr 14 Tage hatte sie
erst mal nur gebucht, weil sie ja nicht wusste, und dann hat sie in Kuba das
gelebt, was sie wollte, sowohl was Mþnner anbelangte, Sexualitþt, das Leben,
das Tanzen, und die ist, was wei§ ich, nach einem halben Jahr vielleicht zurŸck
gekommen, frŸhestens nach einem halben Jahr, mšchte ich mal so sagen. Und
sie war auch geheilt.Ò
Wie
Heilung geschieht, das ist immer noch ein gro§es Geheimnis, sagt Annelie Keil:
ãDie
Liebe zu meinem Kšrper, die Liebe zu meiner Seele, die Liebe auch zu meinen
Gedanken, dies alles sind gemeinsame Trþger eines Prozesses, der am Ende eine
Heilung darstellt, die aber fŸr die Au§enwelt, auch oft fŸr den Menschen selber,
ein Geheimnis ist. Ich nenne die Heilung deshalb auch eine Art Offenbarung.
Also, ich nehme diesen eher theologischen Begriff: Es offenbart sich uns eine
innere, wieder zusammen gefŸgte Ordnung.Ò
Genesungsprozesse
sind manchmal so umfassend, dass sie das ganze Leben verþndern. Gaby Tenfelde
gab ihre Karriere als Pþdagogin auf und begleitet jetzt beruflich andere Menschen
auf dem Heilungsweg:
ãIch
habe den Krebs fŸr mich selbst auch als gro§e Chance zur Verþnderung erlebt
und mšchte auch das an andere Menschen weiter geben und ich ermuntere sie,
den Mut zu haben, das zu tun, was sie schon immer tun wollten, weil das nþmlich
genau die Heilung ist. Sie kommen dadurch zu ihrem Selbst, was ihre Seele
schon Jahrzehnte manchmal mšchte, das erlauben sie sich in dieser sogenannten
Notsituation, wo es um Leben und Tod geht. Und wenn ich mich aktiviere in
dem, was ich mšchte, aktiviere ich automatisch meine Selbstheilungskrþfte.Ò
Die
Selbstheilungskrþfte kšnnen aber nur dann gut funktionieren, wenn der Kšrper
zur Selbstregulation fþhig ist. Wenn ein Mensch keinen Lebenssinn mehr spŸrt
und das GefŸhl hat, in seinen wichtigsten BedŸrfnissen gehemmt zu sein, dann
sind auch die Selbstheilungskrþfte blockiert, erlþutert Professor Grossert-Mattischek:
ãWenn
ein Mensch abhþngig ist von Dingen und Menschen, Zustþnden, Substanzen, die
immer wieder zu negativen Folgen fŸhren, er leidet darunter, kann sich aber
nicht distanzieren, das wþre negative Abhþngigkeit, die in der Kindheit entsteht,
zum Beispiel vom Vater, von Mutter, die abweisend waren, aber von denen man
sich nie mehr distanzieren kann, aber man kann auch die Nþhe, die erwŸnschte,
nicht finden. So eine chronische Abhþngigkeit kann die Selbstheilungskrþfte
enorm Ÿber ein Leben lang blockieren. Die Selbstheilungskrþfte sind, Ÿbersetzt
in unsere Theorie, nichts anderes als die Reaktion des Organismus auf seine
im komplexen System erreichte Lustquelle. Wenn Sie Lust, Wohlbefinden, Sicherheit,
SinnerfŸllung haben, dass Sie glŸcklich sind, dann setzen sie automatisch
ein. Wenn Sie im System unglŸcklich sind, nicht mehr einen Weg finden, der
Ihr Wohlbefinden verbessern kann, Sie lieber sterben als leben, dann setzen
sie automatisch ab.Ò
Grossert-Mattischek
hat umfangreiche Studien zur Erforschung seelisch-kšrperlicher Wechselwirkungen
durchgefŸhrt. Er konnte zum Beispiel zeigen, dass Menschen,die in Unzufriedenheit,
Sinnlosigkeit und Unlust verharren, ein hšheres Risiko haben, chronisch zu
erkranken bzw. noch kranker zu werden, als sie schon sind. Sich aus inneren
Verstrickungen zu lšsen, bedeutet seelische Arbeit. Psychotherapie ist eine
Mšglichkeit, sich auf dem Heilungsweg geistig-seelische UnterstŸtzung zu holen
und die Selbstheilungskrþfte in Gang zu bringen. †ber 300 verschiedene Formen
von Psychotherapie gibt es inzwischen. Ronald Grossert-Mattischek hat ein
Kurzzeit-Training entwickelt, das die Autonomie anregen soll.
ãNur
dort, wo der Mensch entweder selbst lernt oder im Autonomie-Training lernt
oder in einer guten Psychotherapie, die auch die Autonomieanregung lernt,
zu sich zu finden. Und das hei§t, sich eigenaktivieren, und dann Kommunikationsbedingungen
herstellen, die ihm gut tun. Dann passiert die Harmonisierung der Hirnfunktionen.Ò
Auch
Psychotherapie ist keine Garantie fŸr Heilung. Ob sich in einer Therapie heilende
Krþfte entfalten, hþngt ganz wesentlich von der Beziehung zwischen Therapeut
und Klient ab. Forscher unterschiedlicher Schulen haben unabhþngig voneinander
festgestellt, dass diese Beziehung der zentrale Wirkfaktor in jeder Psychotherapie
ist. Dennoch haben unterschiedliche Therapiemethoden und Ðtechniken durchaus
ihren Sinn. Dem Einen hilft vielleicht eher eine Kšrpertherapie, dem Anderen
eine Verhaltenstherapie. Psychotherapeuten machen die Erfahrung, dass die
Arbeit mit dem sogenannten ãinneren KindÒ enorme Selbstheilungskrþfte frei
setzen kann. FŸr die ZŸricher Psychoanalytikerin Ursula Wirtz ist die spirituelle
Dimension in jeder Therapie hilfreich, besonders in der Traumatherapie:
ãDas
Zentrale im Trauma ist ja, dass wir wie aus einem Sinn-Kosmos herausfallen.
Wir sind nicht mehr beheimatet. Alles, was dem Leben vorher Bedeutung, Sinn,
Struktur gegeben hat, das wird zerschmettert! Und der Weg wþre: wie kann dieser
Abgrund, der fŸr mich schrecklich ist, wie kann der zum innersten Seelengrund
werden? Das wþre dann die potentielle Wandlungskraft, die transformative Funktion
des Traumas, dass aus dem Nichts und aus der Leere heraus ich mich selbst
neu erfahren kann. Das gibt es. Ich habe Menschen begleitet, die gefoltert
worden sind. Ich habe Menschen gekannt und kenne noch, die den Holocaust Ÿberlebt
haben, im Lager waren, und die durch diese Erfahrung andere Menschen geworden
sind. Durch die Begegnung mit dem Tod mitten im Leben hat sich etwas verþndert
fŸr sie.Ò
Der
Weg zur Heilung ist oft ein intensiver Wandlungsprozess. Menschen mšgen die
unterschiedlichsten kšrperlichen und seelischen AbgrŸnde durchlaufen. Wenn
sie den Zugang zur Lšsung finden, bietet das Erlebte das Potential fŸr eine
tiefe innere Transformation.
ãDiese
spirituelle Dimension, die es mšglich macht, dass etwas, das zerstšrt auch
die Potentialitþt hat, das neu zu ordnen, dass aus dem Chaos Ð das ist ja
die Kreativitþt: an den Rþndern geschieht das Neue Ð dass aus dem Chaos ein
neuer Kosmos wieder werden kann.Ò