Fragen zur Aufnahme von Tätigkeiten mit „Synergetik“, Selbstheilung“
bzw. „Innenweltreisen“ in München
Sehr geehrte Frau Schreiber,
sehr geehrter Herr Joschko, zu Ihrer erneuten Anfrage folgendes:
1.
Es ist nicht möglich, Ihnen über das bisher Dargestellte hinaus noch
weiter im Einzelnen aufzuführen bzw. auseinander zu dividieren, warum bzw.
ab wann die „Synergetiktherapie“ (S.) als Ausübung der Heilkunde
gewertet werden muss. Wie schon gesagt, handelt es sich um eine Frage des Gesamtbildes.
Die wichtigsten Komponenten der Einstufung nach HeilprG finden sie im Schreiben
des RA Prof. Rxxx vom 15.06.2004 zum Antrag der Frau Molnar nach § 80 Abs.
5 VwGO: die Legaldefinition des § 1 Abs. 2 HeilprG, die Kriterien der nötigen
ärztlichen Fachkenntnisse sowie der möglichen mittelbaren Gesundheitsgefährdung
der Patienten. Alle diese Kriterien halten wir bei der S. in der bisher diskutierten
Form für erfüllt (Herr RA Rxxx kozediert immerhin, dass diese Frage
in einer summarischen Prüfung, d.h. ohne eingehende Prüfung im Hauptsacheverfahren,
wohl nicht entschieden werden könne – es ist also auch seiner Ansicht
nach nicht von vornherein klar, dass die S. keine Heilkunde i.S.d. HeilprG darstellt).
Viele Hinweise finden Sie auch im schon oft zitierten Kommentar von Dünisch
/ Bachmann zum HeilprG. Eine katalogmäßige Übersicht dessen,
was Heilkunde darstellt und was nicht, so dass man nur noch die von einem selbst
betriebene Methode nachschauen müsste, existiert nicht. Angesichts der
gerade heute zu findenden Flut neuer (z.B. „esoterischer“ oder sonstiger
alternativer) Behandlungsmethoden wäre eine solche Übersicht am Tag
ihres Erscheinens schon wieder veraltet, der Gesetzgeber hat deshalb aus gutem
Grund hierauf verzichtet und die Einstufung nach HeilprG als Einzelfallentscheidungen
– bei denen eine Vielzahl der bisher ergangenen gerichtlichen Entscheidungen
und Auslegungen zum HeilprG zu beachten ist – den zuständigen Behörden
überlassen.
Es liegt – auch im Lichte des Art. 12 GG – in der persönlichen
Verantwortung eines jeden, sicherzustellen, dass er sich bei Ausübung eines
jedweden Berufs nicht strafbar (hier: nach § 5 HeilprG) macht. Viele Personen,
die in „Grauzonen“ zwischen Heilkunde und Lebensbewältigungshilfe
arbeiten, lösen diese Problematik bzw. Strafbarkeitsgefahr, indem sie die
Heilpraktikererlaubnis erwerben, je nach Tätigkeitsspektrum die „große“
oder die „kleine“, oder indem sie von vornherein jeden Zusammenhang
mit der Nennung oder Darstellung von Krankheiten, Leider oder Körperschäden
bzw. deren Heilung oder Linderung vermeiden. Hiermit wollen wir aber nicht gesagt
haben, dass es sich bei der S. wie bisher verhandelt um eine „Grauzone“
handelt – wir sind nach wie vor der Meinung, dass sie recht eindeutig
als eine Form der Heilkunde gewertet werden muss -, jedoch wäre dies bei
einer abgewandelten Form der S. denkbar. Es bliebe auch Ihrer eigenen Fantasie
überlassen, die S. – deren Erfinder Sie immerhin sind – so
abzuwandeln, dass eine Erfüllung der erwähnten Kriterien eindeutig
ausgeschlossen ist. Wir können Ihnen hier nicht weiter dienen, da unsere
Aufgabe die Gefahrenabwehr und nicht die Berufsberatung ist.
2.
Nach herrschender Meinung, die sich aus dem Verhältnis zwischen Arzt und
Arzthelfer(in) entwickelt hat, ist es in der Tat möglich, dass ein Nichtarzt
/ Nichtheilpraktiker die Heilkunde unter Aufsicht eines Arztes / Heilpraktikers
(wenn es sich um Psychotherapie handelt, auch eines approb. Psychotherapeuten)
ausübt. Ersterer wäre dabei Hilfsperson oder „Werkzeug“
des letzteren, der insbes. In strafrechtlicher Hinsicht die Verantwortung hat.
Eine ständige physische Anwesenheit der Aufsichtsperson ist hier nicht
erforderlich, es muss dem Arzt / HP aber, auch in der täglichen Praxis,
möglich sein, die „Hilfsperson“ falls nötig zu stoppen
oder sonst rechtzeitig einzugreifen, wenn er eine Gefährdung des Patienten
vermutet. Hierzu ist es nötig, dass er zumindest über die aktuellen
Behandlungsschritte auf dem Laufenden ist. Der Aufsichtsführende muss außerdem
ausreichende Kenntnisse haben, das Tun der Hilfsperson auch fachlich zu beherrschen.
Es wäre also rechtlich vorstellbar und zulässig, dass ein von Ihnen
in S. ausgebildeter Arzt, HP oder approbierter Psychotherapeut bei der Durchführung
der S. durch Sie oder andere Nichtärzte / -HPs die Aufsicht führt.
Auch wenn dieser die S. und deren Implikationen und Wirkungen nicht so eingehend
beherrschen sollte wie Sie als deren Erfinder oder andere lange erfahrene Anwender,
wäre doch für einen ausreichenden Patientenschutz im Sinne der herrschenden
Rechtsprechung dadurch gesorgt, dass die Aufsichtsperson über nachgewiesene
schulmedizinische Kenntnisse verfügt. Dass sich Patientenschutz
in Deutschland nach wie vor hauptsächlich über ein Beherrschen der
westlichen Schulmedizin definiert, daran können wir nichts ändern.
3.
Wir halten es nach wie vor nicht für nötig, dass Sie sich selbst um
eine Untersagung von uns „bemühen“ – es wäre zur
Klärung der Rechtslage völlig ausreichend, das Ergebnis in Sachen
Molnar abzuwarten. Ein ernsthaftes wirtschaftliches Interesse an einer eigenen
Tätigkeit in München können wir bei Ihnen nicht erkennen, vielmehr
scheint es Ihnen primär um Durchsetzung Ihrer Rechtsansicht auch für
unseren Zuständigkeitsbereich zu gehen.
Da wir wie schon bisher dargelegt nicht mit Sicherheit ausschließen können,
dass eine Ausübung der S. durch Sie oder andere Nichtärzte/-HPs/-psychotherapeuten
eine Gefährdung von Kunden bedeuten könnte, wäre es auch nicht
vertretbar, Sie die S. erst einmal bis zu einer letztinstanzlichen gerichtlichen
Klärung (die Jahre dauern kann) unter Verzicht auf Sofortvollzug und Zwangsmittel
ausüben zu lassen. Dies war ja auch der Grund, warum wir bei Frau Molnar
den Sofortvollzug angeordnet und 15.000 € Zwangsgeld angedroht hatten.
Wir hätten angesichts unserer Bemühungen, ihnen die Rechtslage aus
unserer Sicht darzulegen und Ihnen bei Ihrem Informationsbedarf entgegenzukommen,
wenig Verständnis dafür, wenn Sie es sozusagen mutwillig auf eine
Untersagung ankommen ließen. Für den Fall, dass Sie ausdrücklich
Angebot bzw. Ausübung der S. durch Sie (ohne Aufsichtsperson wie unter
2. beschrieben) in München ankündigen, müssten wir unbeschadet
einer parallel hierzu möglichen Untersagungsanordnung Strafanzeige bei
der Staatsanwaltschaft München wegen Verstoßes gegen § 5 HeilprG
gegen Sie stellen.
Eine Drohung mit evtl. Schadensersatzklagen kann uns nicht beeindrucken, da
wir mit solchen aufgrund der natur unserer Tätigkeit jederzeit zu rechnen
haben. Eine strikte Vermeidung von Klagen würde eine Kompletteinstellung
des uns zugewiesenen Gesetzesvollzugs bedeuten.
4.
Das OVG Lüneburg hat nach unserer Kenntnis bisher nur über die Aussetzung
des Sofortvollzugs in einem der Goslarer Fälle entschieden. Dies bedeutet
keinerlei Vorwegnahme der Entscheidung in der Hauptsache, sondern lediglich,
dass das Gericht innerhalb der summarischen (vorwegnehmenden, stark verkürzten)
Prüfung, wie sie bei Anträgen nach § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmen
ist, nicht mit hinreichender Sicherheit sagen konnte, wie seine Entscheidung
in der Hauptsache ausfallen würde. In diesen Fällen wird regelmäßig
der Sofortvollzug aufgehoben. Unsere Ansicht, dass es sich um einen komplexen
rechtlichen Sachverhalt handelt und es nicht schon von vornherein offensichtlich
ist, dass die S. keine Heilkunde im Sinne des HeilprG darstellt, wird vom OVG
Lüneburg mithin sogar geteilt.
Abschließend dürfen wir darauf hinweisen, dass wir uns vorbehalten,
weitere Schreiben Ihrerseits gemäß Ziff. 4.1.3 der Allgemeinen Geschäftsanweisung
der Landeshauptstadt München künftig nicht mehr zu beantworten, falls
Sie damit – wie zuletzt – eine Bescheinigung unsererseits erreichen
wollen, die S. jetzt in München erlaubnisfrei ausüben zu dürfen.
Für eine solche Bescheinigung fehlt nämlich bis zur gerichtlichen
Klärung jede Basis, da Sie unsere Auffassung mittlerweile hinlänglich
kennen sollten.
I. A.
Müller
Verwaltungsoberamtsrat